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Offenbarung 21, 4

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Er ist zum Weinen schrecklich. Und wenn wir von ihm betroffen sind, müssen wir versuchen, irgendwie mit ihm zurechtzukommen: dem Lebensvernichter Tod.
Und er wartet oft nicht, bis wir meinen am Ende unserer Tage angekommen zu sein. Seine Macht reicht auch weit in unser Leben hinein. Wer ihn ständig fürchtet, dem verkrampft er das Leben. Wer ihn leichtfertig zu verdrängen sucht, der findet nur quälende Lebensgier. Und wer ihm logisch beikommen will, der vergewaltigt nur zu oft seine Empfindungen.
Auch wenn viele heute bei uns ein hohes Alter erreichen, täuschen wir uns nicht, der Tod ist hart, brutal, gemein. Christen haben hier nichts zu beschönigen. Sie leiden selbst, und sie leiden mit unter der zerstörenden Gewalt des Todes. Die Sanduhr deutet es an, unser Leben geht unaufhörlich dem Ende zu. Ich kann den kleinen Tod manchmal am eigenen Leib spüren. Zum Glück sind das oft nur Augenblicke, auf einmal ist da wieder eine unbändige Freude am Leben, das Lachen eines Kindes, eine gelungene Arbeit, Menschen, die zu mir halten,... . Neben dem alltäglichen Tod gibt es aber auch den gewaltigen, himmelschreienden Tod, der so sinnlos in der Welt wütet und täglich unschuldige Opfer findet: Krieg, Hunger, Krankheit, Mord, Terroranschläge, Amoklauf. Daran dürfen wir uns nicht gewöhnen. Viele helfen, unterstützen Aktionen wie „Brot für die Welt“ oder arbeiten bei „Amnesty International“ mit.
Im November, am Ende des Kirchenjahres, versuchen wir gemeinsam der Gewalt des Todes zu begegnen. Wir dürfen mitten in aller Ohnmacht Worte des Mutes und der Hoffnung finden.
Für mich unübertroffen sind die Worte des Mutes und der Hoffnung im letzten Kapitel der Bibel:
„Gott wird abwischen alle Tränen von ihren Augen, und der Tod wird nicht mehr sein.“
Volkstrauertag, Totensonntag, besser Ewigkeitssonntag. Wir denken an die, die gestorben sind. Wir gehen auf die Friedhöfe und sind denen nahe, die zu unserem Leben einmal dazu gehörten. Der Friedhof ist aber nicht nur ein Ort des Todes, sondern auch ein Ort des Lebens, des Lebens, das den Tod nicht mehr kennt. Dort zwischen den Gräbern kann es uns bewusst werden, wir leben schon jetzt in begründeter Hoffnung auf grundlegende Änderung. Gott hat dem Tod eine Grenze gesetzt. Seit Ostern stirbt er schon. Und wenn Gott diese Erde erneuert, ist der Tod tot.
In der Karikatur ist das neue Leben angedeutet. Eine neue kleine Pflanze. Ein Bild. Ein Bild ist für mich auch das, was in der Offenbarung 21 steht:
„Gott wird bei uns Menschen wohnen, und alle werden seine Zärtlichkeit unmittelbar erfahren. Unsere Tränen wird er abtrocknen. Leid, Geschrei und Schmerz werden wie alles Vergängliche vergangen sein; was bleiben wird, ist Liebe.“
So wie wir das Loslassen, die vielen kleinen Abschiede in unserem Leben, lernen müssen, so dürfen wir uns jetzt schon vorbereiten auf das große Leben, das den Tod nicht mehr kennt.
Wenn wir Tränen abwischen, Schmerz lindern, Menschen nahe sind, die Hilfe brauchen, dann üben wir schon für das neue Leben, dann begreifen wir immer mehr, dass der Tod nicht das Letzte sein wird.

Rainer Schling