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Johannes 1, 11

Sollte man Weihnachten abschaffen?

Sehen Sie sich einmal dieses Bild an: Da sieht man einen Menschenstrom, der sehr beschäftigt scheint. Wuselig geht es zu auf dem Zebrastreifen: Menschen, bepackt mit Schachteln, Päckchen und und Weihnachtsbäumen, Kinder hinter sich herziehend und mit recht mürrischen oder zumindest ausdruckslosen Gesichtern. Viele sind unterwegs, aber keiner scheint irgendjemanden wahrzunehmen. Sie starren vor sich hin, sind mit sich oder mit wer weiß was beschäftigt, haben aber keinen Blick für die Menschen neben sich.
Ist dieses Bild eine völlig überzeichnete Karrikatur, oder bringt es etwas auf den Punkt? Ist es nicht doch vielleicht ein treffendes Weihnachtsbild, vielleicht auch gerade unserer Zeit? Es scheint doch eben das widerzuspiegeln, um was es Weihnachten tatsächlich geht: Ein Riesenkommerz und eigentlich hauptsächlich ein Fest für die, die daran verdienen. Tatsächlich lebt der gesamte Handel schließlich davon. Etwa 25% des Jahresumsatzes werden in den Monaten November und Dezember gemacht. Darum, so hört man dann schon mal von einigen, die den Wert des eigentlichen, „wahren“ Weihnachtsfestes hochhalten wollen, sollte man Weihnachten am besten abschaffen. Denn die Hauptsache gerate doch mehr und mehr in den Hintergrund.
So scheint es wohl auch auf dem Bild zu sein: Da stehen zwei etwas hilflos aussehende Gestalten neben dem Menschenstrom. Ein Mann und eine Frau, die auf einem Esel sitzt. Natürlich fällt uns jetzt dazu die Weihnachtsgeschichte ein, in der Joseph und Maria nach Bethlehem unterwegs sind und dass auf dieser Reise Jesus geboren wird.
Nein, Sie haben Recht: So wie auf diesem Bild war das damals nicht. Es gab keine mit Paketen und Tannenbäumen bepackte Menschenmasse. Aber trotzdem erzählt dieses Bild etwas ganz Wichtiges von der Weihnachtsgeschichte. Tatsächlich ist das wohl niemals anders gewesen, als wir es heute erleben. Auch damals hat niemand damit gerechnet, dass der Sohn Gottes tatsächlich und ausgerechnet in diesem armseligen Stall dieses nichtssagenden Dorfes Bethlehem geboren würde. Auch damals sind die Menschen mit allen möglichen - auch nebensächlichen - Dingen beschäftigt gewesen, vielleicht auch darin gefangen und mit nichts anderem vor den Augen. Ja, tatsächlich: „Er kam in sein Eigentum; und die Seinen nahmen ihn nicht auf“ - so steht es bereits im Johannesevangelium (1,11) Aber dessen ungeachtet hat Weihnachten stattgefunden! Gott findet den Weg in unsere Welt, völlig unabhängig davon, was uns denn ach so wichtig ist. Gott macht sein Kommen - Gott sei Dank - nicht abhängig davon, ob wir denn auch bereit sind, alles richtig vorbereitet haben oder nicht. Das, liebe Gemeinde ist der Kern der Weihnachtsbotschaft. Darum ist es auch gar nicht unsere Entscheidung Weihnachten abzuschaffen. Denn Weihnachten findet statt, weil Gott kommt. In diesem Sinne wünsche ich Ihnen ein frohes und gesegnetes Weihnachtsfest

Ihr Rainer Stecker
Dezember 2014