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1. Mose 16, 13

Du siehst mich an

„Du siehst mich.“

So die Losung für den Kirchentag 2017, der zum großen Reformationsjubiläum in Berlin, „auf dem Weg“ und zum Abschlussgottesdienst in Wittenberg stattfinden wird.
Das Jahr des Gedenkens und Feierns des 500. Geburtstags der Reformation, es beginnt bereits mit dem Reformationstag in diesem Jahr.
Für uns in Lippe findet am 30. Oktober um 18 Uhr die zentrale Auftaktveranstaltung im Kur- und Stadttheater in Bad Salzuflen statt. Viele Gottesdienste und Veranstaltungen werden folgen, auch in unseren Gemeinden.

„Du siehst mich.“

Was unternehmen wir nicht alles dafür? Selfies an allen möglichen und unmöglichen Orten, sofort im Netz „gepostet“, Blogs und News, die Selbstdarstellung vieler Menschen schnell hochgeladen und jederzeit und überall verfügbar dadurch.

„Du siehst mich.“

Dennoch haben wir vielleicht immer weniger das Gefühl, wirklich gesehen zu werden, sehen sich Menschen immer weniger. Nachbarschaften bröckeln, jede und jeder sieht zunehmend „auf sein Eigenes“, versucht auf seinen eigenen Rechten zu bestehen, und merkt nicht, wie andere dabei eingeschränkt werden.
Sicher, es gibt auch die rühmlichen Ausnahmen, die Gegenbeispiele, die erfreuen. Aber die Tendenz ist deutlich, von der großen Politik zur kleinen Nachbarschaft. Das Denken wird „kleinräumiger“ und verengt sich dadurch, die Toleranz und der Respekt anderen und anderem gegenüber sinkt rapide. Die wachsende Intoleranz mit fremden Einstellungen und Menschen gegenüber ist genauso erschreckend für mich wie die Rückkehr zur „Kleinstaaterei“ in Europa.

„Du siehst mich.“

So sagt es zum ersten Mal Hagar zu Gott. Und seitdem haben es immer wieder Menschen Gott gegenüber zum Ausdruck gebracht, die ganze Geschichte der Bibel, die ganze Geschichte der Christenheit hindurch.

„Du siehst mich.“

In meiner Not und meiner Verzweiflung. Hagar mit ihrem neugeborenen Kind findet mitten in der sengenden Hitze der Wüste den „Brunnen des Lebendigen, der mich sieht“, sie wird mit ihrem Sohn vor dem sicheren Verdursten gerettet dadurch. Gott sieht die Not seiner Menschen, die in Ägypten Sklavenarbeit leisten müssen, und er führt sie in die Freiheit. Gott kommt uns Menschen ganz nahe, mitten in die Ställe, Hinterzimmer und Absteigen unseres Lebens, durch die Geburt im Stall von Bethlehem, die wir Weihnachten für Weihnachten feiern. „Gott will im Dunkel wohnen und hat es doch erhellt“, so singen wir dann auch wieder im Adventslied.

„Du siehst mich.“

Schön und aufbauend, stärkend für mein Leben ist es, so gesehen zu werden. Liebevoll. Nicht auf die Schwächen achtend, sondern so, wie ich bin. Nicht die Schattenseiten und die Not übersehend, sondern aufmerksam und wertschätzend. Wirkliches Sehen, die Augen des Gegenübers wahrnehmend, „auf Augenhöhe“. Wie wohltuend ist solches Gesehen-Werden, Rückhalt gibt es mir, Mut die nötigen Schritte zu tun und Gelassenheit, das zu erwarten, was kommt.

„Du siehst mich.“

Und wer so gesehen wird, der kann auch die anderen Menschen in den Blick nehmen, neugierig und offen, der kann sie akzeptieren und auch ihre Bedürftigkeit erkennen. Beim Sehen bleibt es dann wohl nicht. Aufeinander zugehen werden wir, trotz unserer Verschiedenheit. Sie werden wir dann sogar als Bereicherung erleben.
Dass wir uns so sehen können, von Gott geliebt und einander ins Gesicht sehend, das wünscht Ihnen

Pastor Matthias Zizelmann
Oktober 2016
Losung des Kirchentages 2017